»Natürlich, natürlich«, stimmte der Baron mit lallender Stimme zu. »Wenn Ihr schon einmal versucht, Euch nützlich zu machen, bringt Ihr die ganze Welt durcheinander.«

»Sie hat nicht versucht, sich nützlich zu machen«, dachte Angélique. »Sie hat mich belauert, sie ist mir nachgegangen. Seitdem sie im Schloß lebt und vor ihrer Stickerei sitzt wie eine Spinne in ihrem Netz, kennt sie uns alle besser, als wir selbst uns kennen. Sie ist mir nachgegangen. Und sie hat den alten Wilhelm gebeten, ihr zu leuchten.«

Ihre Finger bohrten sich noch immer in die gallertartigen Unterarme der dicken Frau.

»Ihr habt mich genau verstanden?« flüsterte sie. »Kein Wort zu irgend jemandem vor meiner Abreise, sonst, das schwöre ich Euch, werde ich Euch mit gewissen Kräutern vergiften, die ich kenne.«

Tante Jeanne gluckste ein letztes Mal und verdrehte die Augen. Aber mehr noch als die Drohung hatte die Anspielung auf ihre Halskette sie mürbe gemacht. Mit zusammengekniffenen Lippen, aber schweigend, folgte sie ihrem Bruder.

Eine rauhe Hand hielt Angélique zurück. Unsanft las der alte Wilhelm von ihren Haaren und ihrem Kleid die Strohhalme ab, die dort noch klebten.

Sie hob die Augen zu ihm auf und versuchte, den Ausdruck seines bärtigen Gesichts zu erraten.

»Wilhelm«, murmelte sie, »ich möchte, daß du begreifst ...«

»Ich brauche nichts zu begreifen, Madame«, erwiderte er auf deutsch in geringschätzigem Ton, der wie eine Ohrfeige wirkte. »Was ich gesehen habe, genügt mir.«

Er drohte mit der Faust in die Nacht und brummte einen Fluch. Erhobenen Kopfes kehrte sie an die Stätte des Festgelages zurück. Während sie sich setzte, suchte sie mit dem Blick den Marquis d’Andijos und entdeckte ihn, seelenruhig unter seinem Schemel schlafend. Die Tafel sah aus wie eine Platte mit heruntergebrannten Kirchenkerzen. Ein Teil der Gäste war aufgebrochen oder eingeschlafen. Doch auf den Wiesen wurde noch getanzt.

Wie erstarrt und ohne ein Lächeln präsidierte Angélique nun wieder ihrem Hochzeitsmahl. Daß jener Akt, der eine Rache darstellen sollte, unvollendet geblieben war, peinigte sie und erfüllte sie mit einem quälenden Gefühl der Enttäuschung. In ihrem Herzen stritten sich Zorn und Schamgefühl. Sie hatte den alten Wilhelm verloren. Monteloup verwarf sie. Nun blieb nur noch der hinkende Gatte.

Am nächsten Morgen bogen vier Kutschen und zwei schwere Gepäckwagen in die Landstraße nach Niort ein. Angélique hatte Mühe zu glauben, daß dieses Aufgebot an Pferden und Kutschern, an Geschrei und Achsengeknarr zu ihren Ehren erfolgte. Ein solcher Wirbel um Mademoiselle de Sancé, die nie ein anderes Geleit als einen alten, mit einer Lanze bewaffneten Söldner gekannt hatte, war unvorstellbar.